4Jul2012

Keine vorsorgliche Feststellung über Inhaberschaft an einem Patent

Die Klägerin X. AG (Sitz in der Schweiz) hatte im Dezember 2011 ein Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen am Handelsgericht des Kantons Aargau gegen den Beklagten Prof. Y (Wohnsitz in Deutschland) eingereicht, mit dem sie die Feststellung begehrte, dass sie rechtmässige Eigentümerin des Patents EP 111 sei und dem Beklagten unter Strafandrohung zu verbieten sei, gegenüber Dritten zu behaupten, dass die Klägerin nicht rechtmässige Eigentümerin sei.

Das Handelsgericht hatte das Gesuch um superprovisorischen Erlass zurück- bzw. abgewiesen und den Fall im Januar 2012 zur materiellen Anhandnahme an das Bundespatentgericht überwiesen.
Hintergrund der Streitigkeit war eine im Jahr 2005 oder 2006 abgeschlossene Vereinbarung der Klägerin mit dem Beklagten. In der Abrede wurde auf eine Patentanmeldung hingewiesen, die später als EP 333 mit dem Titel „Verfahren zur Herstellung von schnell auflösenden Tabletten“ erteilt, aber sodann in mehreren Ländern fallen gelassen worden war. Laut Vereinbarung sollte der Beklagte Testreihen betreffend die Löslichkeit bestimmter Bindemittel in geeigneten Treibgasen für die Klägerin mit dem Ziel durchführen, weitere Patente mit dem Beklagten als Erfinder und der Klägerin als Patentinhaberin anzumelden. Im Vertrag waren eine Gerichtsstandsabrede und eine Rechtswahl zugunsten schweizerischen Rechts getroffen worden.
Das Streitpatent EP 111 mit dem Titel „Herstellung einer rasch zerfallenden festen Darreichungsform ausgehend von einem Pulver und einem Gefriertrocknungsschritt“ war der Klägerin erteilt worden. Verhandlungen darüber, welche Entschädigung der Beklagte im Zusammenhang dieses Streitpatents erhalten sollte, waren im November 2011 gescheitert. Der Rechtsvertreter des Beklagten hatte der Klägerin mitgeteilt, dass die Klägerin ihre Einnahmen aus EP 111 herauszugeben hätte und – sollte die Klägerin nicht umgehend Rechnung legen – der Lizenzvertragspartner der Klägerin darüber zu informieren sei, dass es nach Überzeugung des Beklagten an einer Rechtsgrundlage für eine Rechtsübertragung an der Erfindung an die Klägerin fehle und die Rechtsinhaberschaft somit wenigstens streitig sei.
Das Bundespatentgericht befasste sich zuerst mit der Frage der örtlichen Zuständigkeit. Der Beklagte hatte bestritten, dass EP 111 von der Vereinbarung und damit auch von der Gerichtsstandsabrede erfasst sei. Das Bundespatentgericht schloss auf Grundlage des Titels des EP 111 und vor dem Ziel der Abrede, weitere Patente zu formulieren, dass das Streitpatent durchaus unter die getroffene Vereinbarung fallen könne. Das erste Rechtsbegehren, das als Gegenstück zu einer Abtretungsklage qualifiziert werden konnte, lief als solches auch nicht Art. 22, Art. 23 V LugÜ zuwider. Die Gerichtsstandsabrede kam so grundsätzlich zum Tragen und das Bundespatentgericht war ab Beginn 2012 örtlich zuständig. Auch für das zweite Rechtsbegehren erklärte sich das Bundespatentgericht für örtlich zuständig, zumal trotz eines allfälligen Zusammenhangs zum UWG in erster Linie eine Streitigkeit anlässlich des Vertrags in Rede stand.
Das Bundespatentgericht entschied, dass die im Rechtsbegehren 1 verlangte Feststellung einer ungewissen Rechtslage jedenfalls in immaterialgüterrechtlichen Streitigkeiten nicht Gegenstand einer vorsorglichen Massnahme sein könne, da die Wirkung einer solchen Massnahme nicht zeitlich sinnvoll begrenzt werden könne. Da ausserdem kein Feststellungsinteresse glaubhaft gemacht worden war, trat das Bundespatentgericht auf das erste Rechtsbegehren nicht ein.
Das zweite Rechtsbegehren wies es ab, da die Klägerin ihren Verfügungsanspruch weder behauptet noch hinreichend glaubhaft gemacht hatte. Eventualiter hielt das Bundespatentgericht fest, dass die Aussage des Beklagten zur Rechtsinhaberschaft nicht als unlauter qualifiziert werden könne, zumal sie als seine eigene Rechtsauffassung gekennzeichnet war, von einer zutreffenden Tatsachenäusserung ausging und nicht unnötig verletzend formuliert worden war.

(Entscheid in der Rechtssache S2012_005 vom 13.06.2012)

http://www.bpatger.ch/assets/PDFFiles/S2012_005.pdf