Patentrecht

12Apr2022

Einheitliches Patentgericht

Das einheitliche Patentgericht stellt ein neues internationales Gericht dar, das durch die EU Mitgliedstaaten, welche das EPGÜ ratifiziert haben, gemeinsam errichtet wurde.

Traditionell waren in den Mitgliedstaaten der EU nationale Gerichte für zivilrechtliche Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit europäischen Patenten, beispielsweise Klagen wegen Verletzung oder Nichtigkeit, zuständig. Dies konnte zu kostspieligen parallelen Verfahren in mehreren Staaten führen. Teilweise waren die darin gefällten Urteile widersprüchlich, was auf Kosten der Rechtssicherheit ging.

Nach Ablauf der Übergangsbestimmungen wird für zivilrechtliche Streitigkeiten, welche europäische Patente betreffen und unter die Jurisdiktion der EU Mitgliedstaaten fallen, welche das EPGÜ ratifiziert haben, das einheitliche Patentgericht primär ausschliesslich zuständig sein. Dies schliesst neben europäischen Patenten mit nationaler Validierung (herkömmlich) sowie einheitlicher Wirkung (neu) auch europäische Patentanmeldungen sowie ergänzende Schutzzertifikate (SPCs) zu durch solche Patente geschützten Erzeugnissen ein.

Das einheitliche Patentgericht umfasst ein sog. Gericht erster Instanz sowie ein Berufungsgericht. Das Gericht erster Instanz setzt sich aus einer Zentralkammer sowie aus mehreren Lokal- und Regionalkammern zusammen. Die Zentralkammer hat ihren Sitz in Paris und vorerst (Juni 2023) eine Abteilung in München. Das Berufungsgericht hat seinen Sitz in Luxemburg.

 

Durch das neue internationale Gericht sollen kostspielige parallele Streitigkeiten vor mehreren nationalen Gerichten vermieden werden. Das einheitliche Patentgericht hat es sich ferner zur Aufgabe gemacht, qualitativ hochstehende Urteile in vergleichsweise kurzer Zeit zu fällen. Zudem soll durch eine Harmonisierung des materiellen Patentrechts sowie der Rechtsprechung die Rechtsicherheit erhöht werden.

Als Nicht-EU-Land ist die Schweiz nicht Teil des EPGÜ, und das Schweizerische Bundespatentgericht weiterhin primär für Zivilverfahren, welche Patente (national oder EP mit Validierung in der Schweiz) betreffen, zuständig. Allerdings können auch Schweizer Parteien ihre Patentrechte in den EU Mitgliedstaaten, welche das EPGÜ ratifiziert haben, vor dem einheitlichen Patentgericht durchsetzen. Auch ist es möglich, dass Klagen gegen Schweizer Parteien, die unter die Jurisdiktion dieser Staaten fallen, vor dem einheitlichen Patentgericht erhoben werden.

Links:
www.unified-patent-court.org
www.epo.org/law-practice/unitary/upc_de.html

12Apr2022

Opt-Out

In den EU Mitgliedstaaten, welche das EPGÜ ratifiziert haben, hat das einheitliche Patentgericht primär ausschliessliche Zuständigkeit für zivilrechtliche Verfahren in Zusammenhang mit herkömmlichen europäischen Patenten, neuen Einheitspatenten, ergänzenden Schutzzertifikaten (SPCs) sowie europäischen Patentanmeldungen. Während einer Übergangsfrist von mindestens sieben Jahren können Klagen wegen Verletzung bzw. auf Nichtigerklärung zusätzlich weiterhin vor nationalen Gerichten erhoben werden.

Inhaber oder Anmelder eines herkömmlichen europäischen Patents, das vor Ablauf dieser Übergangsfrist erteilt oder beantragt worden ist, haben die Möglichkeit, die Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts in Bezug auf dieses Patent bzw. die entsprechende Anmeldung für die gesamte Laufzeit auszuschliessen (sog. «Opt-Out»). Damit behalten die nationalen Gerichte der am EPGÜ teilnehmenden EU Mitgliedstaaten weiterhin ihre ausschliessliche Zuständigkeit. Bedingung für einen Opt-Out ist, dass zuvor keine Klage zum entsprechenden Schutzrecht vor dem einheitlichen Patentgericht erhoben worden ist. Vom Opt-Out kann jederzeit zurückgetreten werden (sog. «Opt-In»), sofern zuvor keine Klage vor einem der besagten nationalen Gerichte erhoben worden ist.

Ein Antrag auf Opt-Out muss direkt beim einheitlichen Patentgericht gestellt werden und wird durch Eintragung in ein eigens dafür geschaffenes Register wirksam.

Die Entscheidung, ob bestehende oder zukünftige herkömmliche europäische Patente, bzw. Anmeldungen dazu, in die Zuständigkeit des einheitlichen Patentgerichts fallen, oder besser im alten System verbleiben sollen, wird in der Regel von den individuellen Bedürfnissen der Inhaberin bzw. Anmelderin abhängig sein. Aufgrund der Tatsache, dass mit dem einheitlichen Patentgericht allerdings noch keine praktischen Erfahrungen bestehen (Juni 2023), wird gerade im Hinblick auf die Vorhersehbarkeit von Verfahrensausgang und Kosten in vielen Fällen ein Opt-Out zu prüfen sein.

12Apr2022

Einheitspatent

Europäische Patente mit einheitlicher Wirkung werden – wie herkömmliche europäische Patente – vom Europäischen Patentamt geprüft. Das Anmelde- und Erteilungsverfahren ist dasselbe. Allerdings haben Patentinhaber neu die Möglichkeit, nach Erteilung einen sog. Antrag auf Einheitliche Wirkung zu stellen.

Die Einheitliche Wirkung ist innerhalb eines Monates nach Erteilung beim Europäischen Patentamt zu beantragen. Diese Option besteht für jedes europäische Patent, das nach Inkrafttreten des EPGÜ erteilt wird. Voraussetzung dazu ist, dass für alle am EPGÜ teilnehmenden EU Mitgliedstaaten identische Patentansprüche bestehen.

Parallel zum europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung besteht weiterhin die Möglichkeit, herkömmliche europäische Patente zu validieren. Dies ist selbstverständlich auch für EU Mitgliedstaaten, welche das EPGÜ nicht oder noch nicht ratifiziert haben (bspw. Spanien oder Polen), sowie für Staaten des Europäischen Patentübereinkommens, welche nicht der EU angehören (bspw. die Schweiz, Liechtenstein, das Vereinigte Königreich oder Norwegen), möglich. Daneben bestehen auch weiterhin nationale Patente.

 

Ein Vorteil des neuen europäischen Einheitspatentes ist, dass dieses mit einem zentralen Antrag beim Europäischen Patentamt in allen 17 EU Mitgliedstaaten (Juni 2023), welche das EPGÜ ratifiziert haben, erlangt werden kann. Parallele Validierungverfahren entfallen in diesen Staaten. Nach einer Übergangszeit von sechs Jahren (die auf maximal 12 Jahre verlängert werden kann) werden zudem keine Übersetzungen mehr notwendig sein. Für ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung ist zudem nur eine Jahresgebühr direkt beim Europäischen Patentamt zu entrichten, welches auch für die Führung des Registers, beispielsweise bei Wechsel der Inhaberschaft, verantwortlich ist. Die Komplexität von Validierung und Aufrechterhaltung wird damit deutlich vereinfacht.

Ein weiterer Vorteil des neuen Einheitspatentes sind dessen Kosten. So ist davon auszugehen, dass dieses ab einer Validierung in drei bis vier teilnehmenden EU Mitgliedstaaten günstiger ist als ein herkömmliches europäisches Patent. Bei Validierung in einer grösseren Anzahl von Staaten (künftig bis zu 24) kann die Kostenersparnis über die gesamte Laufzeit des Patentes signifikant sein.

Ein Nachteil des neuen Systems besteht darin, dass wichtige europäische Produktionsstandorte bzw. Absatzmärkte nicht daran teilnehmen. Als Beispiele hierzu sind insbesondere die Schweiz, das Vereinigte Königreich, Spanien oder auch Polen zu nennen. Ferner sind Rechte aus einem europäischen Einheitspatent vor dem neuen Einheitlichen Patentgericht durchzusetzen oder zu verteidigen, wozu es derzeit (Juni 2023) noch keine praktischen Erfahrungen gibt. Gerade im Hinblick auf die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage, welche bei Erfolg zu einem zentralen Wiederruf des Patentes in allen teilnehmenden EU Mitgliedstaaten führen kann, besteht damit eine gewisse Unsicherheit für Inhaber europäischer Einheitspatente.

Links:
https://www.epo.org/law-practice/unitary/unitary-patent_de.html

12Apr2022

Einheitliches Patentsystem

Das einheitliche Patentsystem stellt eine Erweiterung des europäischen Patentwesens dar, welche per 1. Juni 2023 in Kraft trat. Bereits zuvor bestand ein zentrales Anmelde- und Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt. Das neue System umfasst mit dem europäischen Einheitspatent (engl. Unified Patent, UP) sowie mit dem einheitlichen Patentgericht (engl. Unified Patent Court, UPC) zwei zusätzliche Komponenten zur Stärkung des Patentschutzes in Europa.

Europäische Einheitspatente ermöglichen es, mit nur einem Antrag Schutz in künftig bis zu 24 EU Mitgliedstaaten zu erlangen. Der Patentschutz wird dadurch administrativ einfacher und bei grösserem geographischen Umfang auch kostengünstiger.

Das einheitliche Patentgericht stellt ein neues internationales Gericht dar, das durch die teilnehmenden EU Mitgliedstaaten gemeinsam errichtet wurde. Für zivilrechtliche Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit europäischen Patenten (herkömmliche oder neue Einheitspatente) sowie Anmeldungen dazu, welche unter die Jurisdiktion dieser Staaten fallen, wird das einheitliche Patentgericht nach Ablauf der Übergangsbestimmungen ausschliesslich zuständig sein. Durch das neue internationale Gericht sollen kostspielige parallele Streitigkeiten vor mehreren nationalen Gerichten vermieden und die Rechtssicherheit erhöht werden.

Die rechtliche Basis für das einheitliche Patentsystem wird durch das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) sowie durch eine Reihe weiterer Erlasse gebildet.

Als eine in der Schweiz führende IP-Kanzlei kann die RENTSCH PARTNER AG alle Verfahrenshandlungen betreffend das Einheitspatent für Sie durchführen. Ferner sind mehrere unserer Patentanwälte vor dem Einheitlichen Patentgericht vertretungsberechtigt.

Links:
www.epo.org/applying/european/unitary/unitary-patent_de.html

12Apr2022

Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation

Derzeit teilnehmende EU Mitgliedsstaaten (Ratifizierung erfolgt)
Österreich (AT) Estland (EE) Luxemburg (LU) Schweden (SE)
Belgien (BE) Finnland (FI) Lettland (LV) Slowenien (SI)
Bulgarien (BG) Frankreich (FR) Malta (MT)
Deutschland (DE) Italien (IT) Niederlande (NL)
Dänemark (DK) Litauen (LT) Portugal (PT)
Teilnehmende EU Mitgliedstaaten (Ratifizierung noch nicht erfolgt)
Zypern (CY) Griechenland (GR) Irland (IE) Slowakei (SK)
Tschechische Republik (CZ) Ungarn (HU) Rumänien (RO)
Nicht teilnehmende EU Mitgliedstaaten
Spanien (ES) Kroatien (HR) Polen (PL)
Staaten des Europäischen Patentübereinkommens, welche nicht in der EU sind
Albanien (AL) Island (IS) Montenegro (ME) Serbien (RS)
Schweiz (CH) Liechtenstein (LI) Nordmazedonien (MK) San Marino (SM)
Vereinigtes Königreich (GB) Monaco (MC) Norwegen (NO) Türkei (TR)
Erstreckungs- und Validierungsstaaten
Marokko (MA) Bosnien und Herzegowina (BA) Tunesien (TN)
Republik Moldau (MD) Kambodscha (KH) Nicht auf der Karte zu sehen

EU Patent European Union karte(Stand Juni 2023)

3Sep2020

Schweizerisches und europäisches Patent- und Patentprozessrecht

Christian Hilti, Alfred Köpf, Demian Stauber, Andrea Carreira
Schweizerisches und europäisches Patent- und Patentprozessrecht
4. Auflage
Bern 2021
ISBN: 978-3-7272-4634-0
Link zum Stämpfli-Shop

Die nachfolgenden Ergänzungen wurden seit dem Druck der 4. Auflage vorgenommen:

Seite Ergänzung
   
   
   
14Apr2015

Wofür brauchen Sie einen Patentanwalt?

Um technisch Machbares rechtlich durchsetzbar zu machen.

Der Patentanwalt unterstützt Sie beim Schutz Ihrer Innovationen vor Nachahmern. Er erkennt Ihrer Erfindung und übersetzt sie in präzise formulierte Patentansprüche, die schliesslich den Schutzbereich Ihrer Erfindung definieren.

Der Patentanwalt

  • berät Sie bei Streitigkeiten und zeigt Ihnen Möglichkeiten und Strategien, um Ihre Interessen in einer Auseinandersetzung bestmöglich durchzusetzen;
  • berät Sie zum richtigen Einsatz geeigneter Schutzrechte, sowie der Erstellung einer optimalen Schutzstrategie für Ihre Innovationen;
  • verschafft Ihnen Vorteile gegenüber der Konkurrenz;
  • hilft Ihnen Gefahren, die von Schutzrechten der Konkurrenz ausgehen, zu erkennen und abzuschätzen.
14Apr2015

Was macht ein Patentanwalt?

Der Patentanwalt dient als Ihre zentrale Anlaufstelle für den gewerblichen Rechtsschutz.

Der Patentanwalt berät seine Mandanten bezüglich Erfindungen, Designs, Marken, Know-how, Softwareschutz und Schutz von Pflanzensorten. Er übernimmt die Vertretung vor dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum, dem Europäischen Patentamt und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO). Er betreut dabei die Anmelde- und Prüfungsverfahren vor den entsprechenden Behörden. Über seine weltweiten Kontakte zu ausländischen Beratern und Vertretern koordiniert er Anmelde- und Prüfungsverfahren im Ausland.

Zu seinen/ihren Haupttätigkeiten gehören:

  • Anmeldung aller Arten gewerblicher Schutzrechte im In- und Ausland,
  • Ausarbeitung von Gutachten, Einsprüchen, Nichtigkeitsklagen, Löschungsklagen, Widersprüchen sowie Einwendungen Dritter,
  • Verwaltung von Schutzrechten (Fristenüberwachung, Zahlung von Gebühren, usw.),
  • Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen und Vertretung bei Schutzrechtsangriffen (in Zusammenarbeit mit spezialisierten Rechtsanwälten),
  • Beurteilung von Schutzrechten Dritter und Kollisionsrisiken mit Schutzrechten Dritter,
  • Durchführung von Recherchen über den Stand der Technik,
  • Durchführung amtlicher Schutzrechtsübertragungen,
  • Patentrechtliche Beratung in Vertragssachen, insbesondere Lizenzverträge.
14Apr2015

Was ist ein Patentanwalt?

Der Patentanwalt bildet eine Schnittstelle zwischen Technik, Recht und Wirtschaft.

Der Patentanwalt verfügt über einen natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Hochschulabschluss, z.B. in der Physik, Chemie, Biologie oder in einer Ingenieurwissenschaft. Im Unterschied zum Patentingenieur hat er in einer Zusatzausbildung fachliches Wissen im Immaterialgüterrecht, insbesondere Patentrecht, erworben. Der europäische Patentanwalt ist als Vertreter vor dem Europäischen Patentamt zugelassen.

14Apr2015

Der Patentanwalt

Auch in der Schweiz ist der Patentanwalt die wichtigste Ansprechperson von Erfindern und Entwicklern. Er kann Erfinder und Entwickler in Verfahren vor den nationalen oder regionalen Patentämtern vertreten. Weitere Informationen finden Sie in der Navigation auf der linken Seite.

Der Titel „Patentanwältin“ bzw. „Patentanwalt“ ist in der Schweiz seit 1. Juli 2011 geschützt. Wer sich „Patentanwältin“ oder „Patentanwalt“, „conseil en brevets“, „consulente in brevetti“ oder „patent attorney“ nennt, muss die gesetzlichen Anforderungen erfüllen (Art. 2 Patentanwaltsgesetz). Wer sich „europäische Patentanwältin“ oder „europäischer Patentanwalt“, „conseil en brevets européens“, „consulente in brevetti europei“ oder „european patent attorney“ nennt, muss in der beim Europäischen Patentamt geführten Liste der zugelassenen Vertreter eingetragen sein (Art. 3 Patentanwaltsgesetz).