19Jan2014

BPatG: Abtretungsklage und UWG-basierte Widerklage scheitern wegen unzureichender Substantiierung

Die Benteler Automobiltechnik GmbH mit Sitz in Deutschland hatte im Februar 2009 beim Zivilappellationshof des Kantonsgerichts Freiburg gegen die Thermission AG mit Sitz in der Schweiz geklagt auf Feststellung und Eintragung ihrer Mitinhaberschaft an einer internationalen Patentanmeldung und den daraus hervorgegangenen Patentanmeldungen, insbesondere der europäischen Patentanmeldung EP 1 646 458 sowie einer US-, einer japanischen und einer südafrikanischen Patentanmeldung.

Die Beklagte erhob Widerklage, wonach der Klägerin gestützt auf das UWG u.a. die Benützung der streitgegenständlichen Erfindung zu verbieten sei und diese den mit der bisherigen Benützung erzielten Gewinn herauszugeben habe. Der Zivilappellationshof überwies Klage und Widerklage im November 2011 an das Bundespatentgericht. Nicht näher eingegangen wird vorliegend auf die vor dem Zivilappellationshof (erfolglos) von beiden Seiten gestellten Anträge auf den Erlass superprovisorischer Massnahmen sowie die gutgeheissenen Gesuche um vorsorgliche Massnahmen.

Die Klägerin stützte sich darauf, dass sie ein Verfahren zur Warmverformung von Stahlwerkstoffen entwickelt habe. Dies sei der Daimler Chrysler AG im Juni 2000 präsentiert worden; in der Folge wäre die Erfindung durch die Daimler Chrysler AG zum Patent angemeldet worden. Die Inhaberschaft der Patentanmeldung durch die Beklagte folgte nach deren eigener Darstellung daraus, dass die Daimler Chrysler AG der Auffassung gewesen sei, das der Erfindung zugrundeliegende Know-how sei Leonid Levinski (Belgien) zuzuschreiben. Levinski seinerseits sei für die Victocor Technologies SA tätig gewesen, welche mit der Beklagten gesellschaftsrechtlich verbunden sei, und habe die Übertragung der Patentanmeldungen an die Beklagte verlangt.

Die Beklagte behauptete, dass die Klägerin das von der Beklagten stammende Know-how entgegen einer Stillschweigevereinbarung verwerte. Wegen Verletzung der Stillschweigevereinbarung sei die Klägerin bereits durch Schiedsurteil zu einer Konventionalstrafe verurteilt worden.

Das Bundespatentgericht stellte fest, dass die Klägerin, die lediglich eine Miterfinderschaft beanspruchte, zu wenig substantiiert hatte, welche konkrete technische Lehre von welchem Erfinder zu welchem Zeitpunkt gemacht worden sei. Auch fehlte eine hinreichende Substantiierung, wie die Rechte von den Erfindern auf die Klägerin übergeleitet worden sein sollten. So hatte die Klägerin nur die Beteiligung zweier Mitarbeiter am Entwicklungsteam geltend gemacht, ohne z.B. deren Rechtsverhältnis zur Klägerin oder den von ihnen geleisteten Beitrag zur Erfindung näher zu beschreiben. Die mangelnde Substantiierung führte sowohl für die EP-Anmeldung als auch für die US-, japanische und südafrikanische Patentanmeldung (für diese nach US, japanischem bzw. südafrikanischem Recht) dazu, dass die Klage abgewiesen wurde.

Im Hinblick auf die Widerklage prüfte das Bundespatentgericht zunächst seine Zuständigkeit näher. Der Widerklagegerichtsstand nach Art. 6 Nr. 3 LugÜ sei vorliegend einschlägig, da Klage und Widerklage aus einem einheitlichen Sachverhalt hervorgingen – nämlich, dass die Klägerin im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Daimler Chrysler AG, der Victocor Technologies SA und der Beklagten von der Erfindung und deren Geheimhaltungscharakter Kenntnis nahm und sich diese sodann aneignete und nutzte. Nicht Ausschlag gebend sei demgegenüber, dass die Beklagte ihre Widerklage einzig auf Rechtsgrundlagen aus dem UWG und nicht aus dem Patentrecht stützte.

Das Bundespatentgericht trat auf drei Widerklagebegehren nicht ein, da diese erst nach Einreichung der Klageantwort, d.h. verspätet (Art. 224 I ZPO), gestellt worden waren. Auf den ersten Teil des dritten Rechtsbegehrens trat es ebenfalls nicht ein, weil dieses unbestimmt breit formuliert sei. Das Bundespatentgericht bejahte eine Aktivlegitimation der Beklagten im Sinne von Art. 9 I UWG: Es genüge, dass diese in ihren wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten am Patent kausal durch das behauptete unlautere Verhalten der Klägerin eingeschränkt war. Eigene technische Nutzung des Patents sei nicht vonnöten.

Das Bundespatentgericht rief in Erinnerung, dass nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung das UWG neben Patenrecht zur Anwendung gelange, wenn das Schutzobjekt nach UWG verletzt sei. Allerdings fehle es vorliegend an einer substantiierten Behauptung, welche Geheimnisse nicht vom Stand der Technik erfasst gewesen seien und damit überhaupt unlauter hätten genützt werden können. Die Vertraulichkeitsabrede sah überdies keinen Schutz für Informationen vor, welche der Öffentlichkeit ohne rechtswidriges Verhalten der Vertragsparteien zugänglich wurden (dies auch nach Vertragsunterzeichnung). Da das Rechtsbegehren sich, abgesehen von wenigen technisch unwesentlichen Abweichungen, nicht von der Streitpatentanmeldung unterschied und diese unstrittig durch die Daimler Chrysler AG eingereicht worden war, komme der Schutz der Vertraulichkeitsabrede nicht zum Zuge. Auch die Widerklage wurde damit abgewiesen.

(Entscheid in der Rechtssache O2012_001 vom 6.12.2013)