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20Feb2014

BPatG: Widerklage auf Patentnichtigkeit scheitert an mangelnder Substantiierung des Fachmannes; Patentverletzung bejaht

Die Richemont International S.A. (Klägerin) hatte im Juli 2008 beim Zivilgericht Genf Verletzungs- und Ersatzanspruchsklage gegen die De Grisogono S.A. (Beklagte) wegen von dieser hergestellten Uhren und näher bestimmten Bauteilen von Uhren zur Anzeige zweistelliger Zahlen eingereicht. Die Klägerin stützte sich dabei ausschliesslich auf ihr schweizerisches Patent CH 695 712 A5, nicht auf das europäische Patent EP 1 296 204 B1, das ihr ebenfalls zustand. Die Beklagte erhob Widerklage, in der sie u.a. die Nichtigkeit des Patents wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit geltend machte. Im Jahr 2011 wurden verschiedene technische Gutachten eingeholt. Klage und Widerklage wurden sodann an das Bundespatentgericht überwiesen.

Das Bundespatentgericht wies zunächst auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts hin, wonach Rechtsbegehren genügend bestimmt formuliert sein müssen. Im Fall einer Vollstreckung des auf das Rechtsbegehren zurückgehenden Urteils müsse aufgrund einer rein tatsächlichen Prüfung feststellbar sein, ob es sich um eine Verletzung handele oder nicht. Ausnahmsweise sei dafür die Wiedergabe des Wortlauts des Patentanspruchs ausreichend, wenn dieser Wortlaut keine juristische Auslegung erfordere und keine zweideutigen technischen Begriffe beinhalte. Eine solche Ausnahme liege hier vor.

Das Bundespatentgericht untersuchte dann die Wirksamkeit des Patents im Hinblick auf den ersten, von der Beklagten einzig angegriffenen Patentanspruch. Es stellte fest, dass der Beklagten Behauptungs- und Beweislast obliegen, u.a. den Fachmann zu umschreiben (Art. 8 ZGB). Die Ausführungen der Beklagten, wonach der Fachmann ein durchschnittlich begabter Praktiker eines techonologischen Gebiets mit allgemeinen Kenntnissen im betroffenen Gebiet und Zugang zu allen Bestandteilen des Standes der Technik sein sollte, befand das Bundespatentgericht diesbezüglich als unzureichend. Die Angriffe der Beklagten auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit scheiterten bereits hieran. Sie wären aber nach der hilfsweise vorgenommenen Prüfung des Bundespatentgerichts auch in der Sache nicht begründet gewesen. Auch nicht einschlägig sei das Verbot des Doppelschutzes (Art. 125 I PatG), zumal von schweizerischem und europäischem Patent nicht die gleiche Lehre zum technischen Handeln geschützt werde.

Das Bundespatentgericht schloss, dass - auch angesichts der vorliegenden Gutachten - von einer Patentverletzung auszugehen sei. Es sprach das beantragte Verbot aus und verpflichtete die Beklagte zur Auskunftserteilung über den Umfang der erfolgten Nutzung.

(Entscheid in der Rechtssache O2013_033 vom 30.01.2014)