10Jan2013

Ablauf der Verjährung des Auskunftsanspruchs

Dem Verfahren in der Schweiz ging in Deutschland ein Gebrauchsmusterprozess im Zusammenhang mit Tintenpatronen voraus, den die W. Corporation gegen die Beschwerdeführer angestrengt hatte. Mit Urteil des LG Düsseldorf vom 28. Oktober 2003 wurde eine Gebrauchsmusterverletzung festgestellt. Zugleich wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, ihrer Rechnungslegungspflicht gegenüber W. nachzukommen, um diese in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Entschädigungs- und Schadenersatzanspruch zu beziffern.

Die Beschwerdeführer machten im deutschen Vollstreckungsverfahren geltend, der Rechnungslegungspflicht nicht nachkommen zu können, weil sich die erforderlichen Unterlagen nicht in ihrem Besitz, sondern in dem der Beschwerdegegnerin befänden. Deshalb wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, die Betreibung des Zwangsgeldes abzuwenden, sofern sie innert sechs Wochen die Beschwerdegegnerin gerichtlich auf Erteilung der Auskünfte in Anspruch nähmen, die sie zur Erfüllung ihrer Rechnungslegungspflicht benötigten. Im Jahr 2009 erhoben die Beschwerdeführer gegen die Beschwerdegegner beim Bezirksgericht Uster Klagen mit identischen Rechtsbegehren. Dieses wies die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Es kam zum Schluss, die Verjährungsfrist für die eingeklagten Rechnungslegungsansprüche habe spätestens am 31. Dezember 2003 zu laufen begonnen und am 31. Dezember 2006 geendet, weshalb die Ansprüche im Zeitpunkt der Einreichung der Klage verjährt gewesen seien.

Das Bundesgericht stützt die Entscheidungen des Bezirksgerichts und des Obergerichts. Nach dem anwendbaren deutschen Recht (§ 199 Abs. 1 BGB) beginnt die regelmässige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem (1.) der Anspruch entstanden ist und (2.) der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Die Beschwerdeführer machten geltend, die Vorinstanz habe willkürlich entschieden, dass der auf Treu und Glauben begründete Anspruch auf Auskunft verjährt sei, bevor er überhaupt entstanden sei. Der Auskunftsanspruch sei entstanden, sobald er auf dem Klageweg geltend gemacht werden könne, wofür grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs Voraussetzung sei. Da jede der Beschwerdeführerinnen für sich mit der Beschwerdegegnerin in einem Dauerschuldverhältnis gestanden sei, seien fortwährend auch deren Auskunftsansprüche entstanden. Hinsichtlich Begebenheiten, die sich vom 1. März 1998 bis 28. Oktober 2003 ereignet hätten, sei spätestens an diesem zweitgenannten Datum der letzte diesbezügliche Auskunftsanspruch entstanden. Denn mangels anderweitiger Abrede bzw. Umstände hätten die Beschwerdeführer die Informationsleistung sofort verlangen können.

Die Vorinstanz erachtete es nach diesen Erwägungen für die Entstehung des Auskunftsanspruchs hinreichend, dass die Beschwerdeführer durch Einbezug in das Vertriebssystem der Beschwerdegegnerin der Gefahr von Drittansprüchen ausgesetzt waren und deshalb mangels anderweitiger Abrede jederzeit über die abgewickelten Bestellungen Informationen verlangen konnten, über die sie nicht selber verfügten. Dies umso mehr, als die Gefahr sich mit der gerichtlichen Belangung der Beschwerdeführer wegen Gebrauchsmusterverletzung und erst Recht mit der erstinstanzlichen Verpflichtung durch das Landgericht Düsseldorf vom 28. Oktober 2003 zur Rechnungslegung auch realisiert hatte. Das Bundesgericht stützte diese Auffassung. Es sei vertretbar, es für eine jederzeitige, aus der Vertragstreue fliessende Auskunftspflicht für hinreichend zu erachten, dass die Beschwerdeführer der Gefahr ausgesetzt waren, mit Drittansprüchen konfrontiert zu werden und für diesen Fall über die nötigen Daten verfügen mussten, um eine (weitergehende) prozessuale Auseinandersetzung zu vermeiden. In diesem Sinne wäre es, um zum gleichen Ergebnis wie die Vorinstanz zu gelangen, um so mehr vertretbar, die Entstehung einer aus Treu und Glauben fliessenden Pflicht zur Unterstützung der Beschwerdeführer mit den nötigen Daten spätestens in dem Zeitpunkt zu bejahen, in dem die Beschwerdeführer erstinstanzlich zur Rechenschaftsablegung verpflichtet wurden.

Die Beschwerdeführer hielten dagegen, die nach Treu und Glauben abgeleiteten Informationsansprüche hätten erst in dem Zeitpunkt entstehen können, in dem die Beschwerdeführer rechtskräftig (mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Mai 2008) zur Rechenschaftsablegung verpflichtet wurden. Die "Gefahr", auf welcher der Anspruch aus Treu und Glauben gründe, habe sich für die Beschwerdeführer nicht schon mit dem rechtskräftigen Urteil im Verfahren betreffend Gebrauchsmusterverletzung realisiert, sondern erst durch die Zwangslage, die aus dem rechtskräftigen Urteil im Zwangsvollstreckungsverfahren (Beschluss vom 18. Dezember 2008) resultiert habe. Auch diese Argumentation war vor Bundesgericht unbehelflich. Das Bundesgericht erachtete es für die Fälligkeit der Informationsansprüche der Beschwerdeführer nicht als erforderlich, dass sich die Gefahr, der die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführer ausgesetzt hatte, (endgültig) realisiert hatte.

(Entscheid des Bundesgerichts 4A_482/2012 vom 12. November 2012; siehe auch Entscheidungen 4A_692/2011 und 4A_300/2011)