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20Okt2014

Anwendbares Recht bei Übertragung von Patentanmeldungen

Die Klägerin (und Beschwerdeführerin) ist eine AG mit Sitz in der Schweiz. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Hongkong. Vom 13. bis zum 17. Dezember 2008 trafen sich Vertreter beider Gesellschaften in Hongkong zu einem Meeting zwecks Beilegung eines zwischen den Parteien bestehenden Streits über die Frage, wem gesamthaft drei Patentanmeldungen zustehen würden. Streitig zwischen den Parteien war das Ergebnis dieses Meetings. Die Beklagte machte geltend, es sei eine Einigung dahingehend zustande gekommen, dass sie der Klägerin eine der Patentanmeldungen abtrete, jedoch die verbleibenden zwei behalte. Die Klägerin bestreitet dies. In der Folge trat die Beklagte die erste Patentanmeldung an die Klägerin ab, entsprechend ihrer Auslegung der Vereinbarung. Die Klägerin fordert zusätzlich die Abtretung der beiden anderen Patentanmeldungen.

Das Handelsgericht Bern beschränkte das Verfahren auf das Zustandekommen und den Inhalt der strittigen Vereinbarung und wies die Klage schliesslich mit Entscheid vom 2. Juli 2013, unter Anwendung von Schweizer Recht, ab. Hierauf reichte die Klägerin beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen ein.

Die Klägerin hat ihren Sitz in der Schweiz, die Beklagte in Hongkong. Folglich lag ein internationaler Sachverhalt vor. Zwischen den Parteien war umstritten, ob Schweizer Recht oder dasjenige von Hongkong anwendbar war. Die Vorinstanz führte aus, das Zustandekommen eines Vertrags sei nach der lex causae, d.h. nach dem auf den Vertrag anwendbaren Recht zu beurteilen. Mangels einer Rechtswahl und der Bestimmbarkeit der charakteristischen Vetragsleistung sei nach Art. 117 Abs. 1 IPRG das Recht des Staates anwendbar, welches mit dem Vertrag den engsten Zusammenhang aufweise. Gegenstand der strittigen Vereinbarung seien drei Patentanmeldungen, wovon alle drei Schutz für die Schweiz, aber lediglich zwei Schutz für China bzw. Hongkong beanspruchten. Mithin überwiege der Zusammenhang zur Schweiz, womit auch auf den Vertrag Schweizer Recht anzuwenden sei. Demgegenüber war die Klägerin der Auffassung, es sei das Recht von Hongkong anwendbar, da die mehrtägigen Verhandlungen betreffend den strittigen Vertrag in Hongkong stattgefunden haben.

Das Bundesgericht führte aus, dass für Verträge über Immaterialgüterrechte mit Art. 122 IPRG eine Sonderbestimmung bestehe. Danach unterstehen solche Verträge dem Recht des Staates, in dem derjenige, der das Immaterialgüterrecht überträgt oder die Benutzung an ihm einräumt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wobei für juristische Personen der Niederlassungsort, vorliegend der Sitzstaat (Art 21 Abs. 4 IPRG), ausschlaggebend sei. Zu den Immaterialgüterrechten gemäss Art. 122 IPRG gehören bereits Rechte aus Schutzrechtsanmeldungen, womit Patentanmeldungen von dieser Bestimmung miterfasst seien. Im Gegensatz zu Art. 110 IPRG (Immaterialgüterstatut) bestimme Art. 122 IPRG (Vertragsstatut) über den Abschluss, Inhalt und die Gültigkeit eines Vertrags.

Eine Abweichung von Art. 122 IPRG rechtfertige sich nach Art. 15 IPRG bloss dann, wenn der Sachverhalt mit einem anderen Recht in viel engerem Zusammenhang stehe. Vorliegend hätte die Übertragung von drei Patentanmeldungen geregelt werden sollen, als deren Inhaber jeweils die Beschwerdegegnerin angegeben war. Umstritten sei das Zustandekommen und gegebenenfalls der Inhalt des besagten Vertrags. Daher sei das Vertragsstatut nach Art. 122 IPRG anwendbar und mithin das Recht des Staates, in dem die Beschwerdegegnerin als die das Immaterialgüterrecht allenfalls übertragende Partei ihren Sitz hat. Da dies auch im Zeitpunkt des strittigen Vertragsschlusses Hongkong gewesen sei, sei das Recht von Hongkong anwendbar. Ein eindeutig engerer Zusammenhang des Vertrags mit Schweizer Recht sei nicht auszumachen.

Das Bundesgericht kam folglich zum Schluss, die Vorinstanz habe mit der Anwendung von Schweizer Recht Bundesrecht verletzt. Es hob den Entscheid der Vorinstanz auf und wies die Sache zur Neubeurteilung auf der Basis des Rechts von Hongkong an die Vorinstanz zurück. Da die Beschwerdeführerin mit ihren Begehren bloss teilweise durchdrang und der Umfang ihres allfälligen Obsiegens in der Sache noch ungewiss ist, erschien es dem Bundesgericht gerechtfertigt, die Gerichtskosten hälftig auf die Parteien zu verteilen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

(Entscheid 4A_256/2014 vom 8. September 2014)