2Apr2012

„Baumhaus“ – Keine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts des Architekten bei Rückbau eines rechtswidrig erstellten Wohnhauses

Der Beschwerdegegner wurden gerichtlich verpflichtet, die Höhe des auf ihrem Grundstück nach den Plänen des Architekten erstellten Wohnhauses ("Baumhaus"), welches zu hoch gebaut worden war, auf das in der Baubewilligung festgelegte Mass zu reduzieren. Daraufhin reichte der Architekt Klage ein und verlangte die Feststellung, dass der Rückbau des Baumhauses um 38 cm eine Verletzung seiner Urheberrechtspersönlichkeit im Sinne von Art. 11 Abs. 2 URG darstelle.

Das Bundesgericht führt in seinem Entscheid aus, das Urheberrecht schütze den Urheber nicht nur in der Nutzung des Werks, sondern auch in seiner geistigen und persönlichen Beziehung zu ihm. Art. 11 URG sehe daher unabhängig von den in Art. 10 URG geregelten Verwendungsrechten Befugnisse vor, welche die Unversehrtheit des Werks gewährleisteten und von ihrem Wesen her der Persönlichkeit des Urhebers verhaftet seien. Nach Art. 11 Abs. 2 URG könne sich der Urheber oder die Urheberin jeder Entstellung des Werks widersetzen, die ihn oder sie in der Persönlichkeit verletzte, selbst wenn eine Drittperson vertraglich oder gesetzlich befugt sei, das Werk zu ändern oder es zur Schaffung eines Werkes zweiter Hand zu verwenden. Unter dieser Schranke stehe ausdrücklich auch das gesetzlich gewährleistete Änderungsrecht des Eigentümers am ausgeführten Werk der Baukunst (Art. 12 Abs. 3 URG).

Die Vorinstanz hielt Art. 11 Abs. 2 URG auf den vorliegenden Fall für nicht anwendbar, da die Beschwerdegegner nicht im Sinne dieser Bestimmung "vertraglich oder gesetzlich befugt" gewesen seien, den Rückbau vorzunehmen. Sie seien vielmehr gerichtlich dazu gezwungen gewesen. Nur bei der Möglichkeit freier Willensbetätigung könne einem entstellenden Eingriff in die Werkintegrität gestützt auf Art. 11 Abs. 2 URG entgegengetreten werden. Diese Bestimmung biete demgegenüber keinen Titel, um sich der gerichtlich bestätigten Rückbauverpflichtung zu widersetzen.

Das Bundesgericht schliesst sich dieser Meinung an. Den Erwägungen der Vorinstanz liege die zutreffende Auffassung zugrunde, dass sich die Frage, ob eine aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Befugnis vorgenommene Änderung den Urheber in seiner Persönlichkeit verletzte, von vornherein nur für rechtmässig errichtete Werke der Baukunst stelle. Demgegenüber könne sich der Urheber bei ausgeführten Werken der Baukunst, die den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Raumplanungs-, Umweltschutz-, Natur- und Heimatschutz- sowie Baurecht) widersprechen würden, nicht unter Berufung auf Art. 11 Abs. 2 URG dagegen wehren, dass der rechtmässige Zustand hergestellt werde. Das Bundesgericht wies die Beschwerde des Architekten daher ab (BGer 4A_423/2011 vom 26. September 2011).